Auge des Falken

Deutschland 2007

Goldene Pracht, wohin das Auge blickt. Marmorne Wände, Kristalllüster – und riesige Schüsseln auf reich gedecktem Tisch. Schwarzbärtige Männer in langen weißen Gewändern haben sich um die Tafel versammelt, Prinzen aus tausendundeiner Nacht. Nur einer sieht ganz anders aus: Leo M., ein Urbayer aus dem Glonntal. Seine schlohweißen Locken über den Schultern wallend, in Cargohose und Leinenhemd nimmt an der langen Tafel Platz, als Ehrengast. Vor wenigen Augenblicken erst hat er dem Scheich seinen schönsten Falken zum Geschenk gemacht.

Auge des Falken Tanjafotos 256Leo ist einer der besten Falkner der Welt. Kein Wunder, dass die arabischen Scheichs besonders gern bei ihm in Bayern einkaufen.

 

 

 

 

 

Die Falken und der Wald haben Leo zeitlebens gefesselt. Er war zehn, als er im Wald ein Falkenküken fand, das der Sturm aus dem Nest gerissen hatte. Mit selbst gefangenen Mäusen päppelte er das Tier auf. Der majestätische, geheimnisvolle Blick der großen, dunklen Falkenaugen fasziniert ihn bis heute.

Leo wurde 1951 in Mühldorf geboren und verbrachte seine erste Kindheit dort, bis er nach Freising zog, später nach Gernlinden. Obwohl er mit dem bürgerlichen Leben nicht viel am Hut hatte, machte er eine Lehre als Fernmeldetechniker, arbeitete bei der Post. Er heiratete und zog seine beiden Söhne groß.

Solang er für die Post auf Hochmasten steigen und Überlandleitungen reparieren konnte, war Leo mit Falke im Camper mit seinem Beruf zufrieden. Als aber die Post privatisiert wurde und Leo eine Uniform anziehen und Kunden beraten sollte, wurde ihm klar, dass das ihn umbringen würde. Eines Tages ging er einfach nicht mehr hin. Er reagierte weder auf Mahnschreiben, noch auf die fristlose Kündigung. Leo krempelte sein Leben vollkommen um – und nahm dafür einiges in Kauf.

 

Leo mit schwarzem Falken im Camp 6    Dreharbeiten Auge des Falken048